In der Arbeitsgruppe Röntgenastronomie an der Remeis-Sternwarte sind die folgenden Diplomarbeiten und Staatsexamensarbeiten aus dem Themenbereich "akkretierende Neutronensterne" zu vergeben (siehe auch das Teilgebiet der Neutronensterne mit starken Magnetfeldern):

Suzaku-Beobachtungen von 4U1907+09

Der akkretierende Neutronenstern 4U1907+09 ist eine sehr seltsame Quelle. Nicht nur zeigt dieses System eine sehr schöne Zyklotronquelle, sondern dieses System war auch lange der einzige bekannte Neutronenstern, der konstant nur einen Spin Down zeigte, d.h. seine Pulsperiode wurde über mehr als 20 Jahre hinweg immer langsamer. Mit Hilfe von INTEGRAL-Beobachtungen konnten wir zeigen, daß dieser Trend sich vor einigen Jahren umdrehte, der Neutronenstern jetzt also angefangen hat, seine Rotation zu beschleunigen.

Gleichzeitig mit diesem Langzeitverhalten ist die Quelle aber auch auf kurzen Zeitskalen interessant. So zeigt 4U1907+09 plötzliche Strahlungseinbrüche ("Dips"), in denen die Quelle für einige Minuten fast nicht mehr detektierbar ist. Woher diese Einbrüche stammen, ist unklar.

Wir haben Beobachtungen des japanischen Satelliten "Suzaku" zur Verfügung, mit denen sowohl die Periodenänderung als auch die Dips genauer untersucht werden können. Im Rahmen einer Staatsexamens- oder Diplomarbeit sollen diese Daten reduziert werden und mit physikalischen Modellen interpretiert werden.

Windakkretion

Während der Bewegung eines Neutronensterns oder Schwarzen Lochs um seinen Begleitstern sehen wir dieses Objekt durch den Sternwind des Donorsterns hindurch. Bei diesen Donorsternen handelt es sich mit um die leuchtkräftigsten Sterne in unserer Milchstraße, die alle einen sehr starken Sternwind haben. In Beobachtungen sehen wir den Sternwind durch die Absorption der Röntgenstrahlung, die vom kompakten Objekt ausgesandt wird. Dabei hat dieses Objekt selbst auch einen großen Einfluß auf den Sternwind, da es diesen stark aufheizen und ionisieren kann. Die entstehenden Lichtkurven gehören zu den am stärksten variierenden Phänomenen, die in der Röntgenastronomie im weichen Röntgenbereich beobachtet werden.

In diesem Bereich gibt es mehrere interessante Diplom- oder Staatsexamensarbeiten zu vergeben:

  • Wir haben mit dem amerikanischen Rossi X-ray Timing Explorer den Windakkretierer 4U1700-37 über einen ganzen Umlauf hinweg beobachtet. Diese Beobachtungen sollen ausgewertet und mit Modellen zur Windakkretion in diesem System verglichen werden.
  • Mit dem europäischen XMM-Newton-Satelliten haben wir den akkretierenden Neutronenstern Vela X-1 zu dem Zeitpunkt beobachtet, in dem der Neutronenstern nach der Bedeckung durch den Donor wieder sichtbar wurde. Ziel dieser Arbeit ist es, mit hochaufgelöster Röntgenspektroskopie den physikalischen Zustand des Sternwinds genau zu untersuchen und so seine Dichte, Temperatur und Elementzusammensetzung zu untersuchen.
  • Der All Sky Monitor auf dem amerikanischen Rossi X-ray Timing Explorer beobachtet die Variabilität akkretierender Röntgenquellen auf allen Zeitskalen - von Minuten bis hin zu Jahren. In dieser Diplomarbeit soll insbesondere die Variation aufgrund des Sternwindes untersucht werden. Dazu sollen aus den Archivdaten des ASM mittlere Lichtkurven eines Sample von Röntgenquellen bestimmt werden und diese mit einem einfachen Modell für den Sternwind beschrieben werden.
  • Vom europäischen INTEGRAL-Satelliten liegen sehr große Datensätze der Windakkretierer Vela X-1 und Cen X-3 vor, mit denen das Verhalten dieser Quellen oberhalb 20keV auf Zeitskalen von Jahren sehr genau untersucht werden kann (Entwicklung der Pulsperiode, Änderungen des Röntgenspektrums als Funktion der Leuchtkraft und damit der Massenakkretionsrate, Entwicklung der Zyklotronlinie, usw.). Dies soll in zwei Diplomarbeiten geschehen.

Niederfrequenz-Oszillationen in 4U0115+63 und V0332+53

So gut wie alle akkretierenden Neutronensterne zeigen typischerweise (quasi-)periodisches Verhalten auf drei Zeitskalen: sie sind Pulsare, d.h. akkretierende Neutronensterne, die sich in einigen Sekunden um ihre Achse drehen und daher im Röntgenlicht "blinken", da ein Großteil der beobachteten Strahlung an den magnetischen Polen entsteht. Ferner zeigen sie Periodizitäten auf Zeitskalen von Tagen aufgrund des Umlaufs des Neutronensterns um den Donor-Stern. Diese Periodizitäten werden durch Änderungen unserer Blickrichtung auf das System verursacht sowie durch die Änderung der Menge an Material, das sich zwischen uns und dem Neutronenstern befindet und die Röntgenstrahlung teilweise absorbiert. Und letztlich gibt es Periodizitäten auf deutlich längeren Zeitskalen (Monate), die wohl durch die Präzession der Akkretionsscheibe verursacht werden.

Zusätzlich zu diesen gut verstandenen Periodizitäten zeigen manche System jedoch auch ein seltsames Verhalten auf Zeitskalen zwischen der Pulsperiode und der Bahnperiode, die nur quasi-periodisch sind. Hier ändert die Quelle auf Zeitskalen von einigen hundert Sekunden ihre Helligkeit um einen Faktor 2-3 (also um 104 Sonnenleuchtkräfte). Allerdings eben nicht periodisch, sondern quasi-periodisch, d.h., die einzelnen Helligkeitsmaxima haben unterschiedliche zeitliche Abstände, deren Häufigkeitsverteilung aber um eine gut definierbare Periode herum liegt. Der Ursprung dieser Schwankungen ist unklar.

In dieser Diplomarbeit sollen Beobachtungen zweier Systeme, die ein solches Verhalten zeigen, untersucht werden. Wie ändert sich das Spektrum während der Oszillation? Wann treten diese Oszillationen auf? Können wir aus den Änderungen der Oszillationsperiode etwas über ihren Ursprung lernen? Dabei soll das Verhalten der Neutronensternsysteme mit dem von Weißen Zwergen, in denen einige sehr ähnliches Verhalten zeigen, verglichen werden.

Eigene Vorschläge?

Ist unter den obigen Themen nichts dabei, was Sie interessiert? Macht nichts - erstens gibt es noch Vorschläge aus anderen Themenbereichen und zum andern sind eigene Vorschläge natürlich immer erwünscht! Email oder Anruf genügt.

Allgemeines

Diplom- oder Staatsexamensarbeiten können sowohl mit Arbeitsplatz in Bamberg oder Erlangen durchgeführt werden. Im letzteren Fall ist es aber erwünscht, daß Studierende zumindest einmal pro Woche auch einen Tag an der Remeis-Sternwarte verbringen, damit der Kontakt mit den anderen Gruppenmitgliedern gewährleistet ist (ich verbringe typischerweise zwei Tage die Woche in Erlangen, so daß dies auch eine ausreichende Betreuung sicherstellt).

Gerne unterhalte ich mich natürlich auch mit Ihnen persönlich. Für eine erste Kontaktaufnahme sprechen Sie mich einfach an oder schicken eine Email.